Freitag, 5. Juli 2024

Judy Chicago

 Die amerikanische Künstlerin und Schriftstellerin Judy Chicago, 20. Juli 1939 geboren, hat sich in ihren Werken am ausdrücklichsten mit dem Thema des Frauseins beschäftigt. In Los Angeles hat sie den Feminist Studio Workshop mitbegründet, später auch ähnliche Gruppenprojekte in anderen Städten. Weltweiten Ruhm erlangte sie mit ihrem monumentalen Werk "The Dinner Party" (1974-80), welches die Leistungen und Leiden von Frauen in der westlichen Zivilisation symbolisiert.
Die Geschichte ihrer Entwicklung erzählt sie klug und intensiv in "Durch die Blume".


Werke

Durch die Blume

Judy Chicago: Durch die Blume - Meine Kämpfe als Künstlerin

Mit einem Vorwort von Anais Nin
herausgegeben von Angela Praesent

Buchbeginn
 Meine Kindheit
Ich wurde 1939 am Ende der Weltwirtschaftskrise im Michael Reese Hospital in Chicago, Illinois, geboren. Meine Mutter erzählt, daß sie während der Schwangerschaft eine große Schleife auf dem schwellenden Bauch trug, um ihrer Freude darüber Ausdruck zu geben, daß sie mich erwartete. Meine ersten bewußten Erinnerungen stammen aus der Zeit, als ich etwa eineinhalb Jahre alt war. Ich sehe mich mit rotverweintem Gesicht im Bettchen stehen. Meine Mutter trägt ein marineblaues Kostüm mit einer passenden Baskenmütze und verläßt das Zimmer, um zur Arbeit zu gehen. Meine Mutter war während meiner ganzen Kindheit berufstätig, und vermutlich gab mir das ein Gefühl, daß Frauen etwas in der Welt "taten". Ich blieb in der Obhut von Haushälterinnen zurück

Donnerstag, 4. Juli 2024

Judith Jannberg: Ich bin ich

Inhalt
"Ich bin jetzt 42. Vor drei Jahren bin ich ausgestiegen, in meiner Ehe war ich ein Nichts. Mein Mann selbst hat immer wieder gesagt: ,Du bist ein Nichts und Niemand. Du wirst in deinem Leben keine Spur hinterlassen. Alles, was du bist, bist du nur durch mich.' - Ich bin ein Nichts geworden. Mit 22 war ich kreativ und eigenständig. Aber dann habe ich geheiratet und bin in einem unheimlich schleichenden Prozeß die Frau geworden von..., das Zubehör von..., das Anhängsel von... Noch heute werde ich als die ,Exgattin des Abgeordneten Professor Dr. Massmann' gehandelt. Als wir heirateten, war ich die aktivere. Er ist durch meine Blutspenden zu Kräften gekommen. Er hat Karriere gemacht, ich hatte den Haushalt, und ich hatte die drei Kinder."

Dieses Buch ist die schonungslose offene Lebensbilanz einer jungen Frau, die nach einem langen, schmerzhaften Ablösungsprozeß den Sprung aus der Ehe gewagt hat, um ein neues Leben in Unabhängigkeit zu versuchen. Judith Jannbergs Selbstfindung könnte viele Frauen Mut machen, ihre Lage zu erkennen und zu handeln. 

Buchbeginn
Ich bin eine einzige Wunde
Mein Elend begann mit der Schwangerschaft.
Ohne Not habe ich mit zweiundzwanzig einem Mann beigeschlafen. Ich erinnere mich noch genau an die Vorsätzlichkeit dieses Akts: Du mußt das einmal erfahren. Irgendwann muß jede Frau das einmal tun.
Bis zu meinem zweiundzwanzigsten Lebensjahr war ich der asexuelle Kamerad gewesen. Ich war in Sportvereinen aktiv, als Leistungsschwimmerin und bei den Bergsteigern als Spezialistin für gefährliches Klettern geschätzt. Ich fühlte mich so wie ich war akzeptiert: Alle mochten mich im Handpuppenlehrgang, niemand fragte im Theaterkurs nach meiner Herkunft, in den Volkstanzgruppen war das Heimkind Judith die begehrteste Partnerin.

Fischer Verlag
Reihe: Die Frau in der Gesellschaft

Montag, 1. Juli 2024

Judith Jannberg

 Judith Jannberg (Pseudonym), drei Kinder, hat sich nach 17jähriger Ehe von ihrem ,Karrieremann' getrennt. Sie wuchs in einem Kinderheim auf und arbeitete später zehn Jahre als Heimerzieherin. Tätig war sie auch als freie Mitarbeiterin beim Fernsehen und als Leiterin von Frauenbildungskursen an einer Volkshochschule.


Werke

Ich bin ich

Sonntag, 30. Juni 2024

Eliza Orzeszkowa

Eliza Orzeszkowa auf einer anonymen Fotografie von 1904

Eliza Orzeszkowa wurde am 6. Juni 1841 in Milkowszczyzna b. Grodno (Polen) geboren.

Sie war die Tochter des adligen Gutsbesitzers Pawlowski. Erzogen wurde sie zu Hause, von 1852-57 dann in einem Warschauer Klosterinternat. 1858 heiratete sie den Gutsbesitzer Piotr Orzeszko, der infolge des Aufstandes von 1863 nach Sibirien verbannt wurde. Mit ihm lebte sie auf einem Landgut in Polesien. Die Ehe endet unglücklich und wird 1869 geschieden; Eliza lebt dann sehr gesellig auf Gut Ludwinow und gründete eine Dorfschule. Von 1879-1882 arbeitete sie für einen Verlag in Wilna. 1894 heiratete sie ein zweites Mal, doch der Mann starb kurz darauf, sie selbst wurde herzkrank.

Am 18. Mai 1910 starb Eliza Orzeszkowa in Grodno.

Ab 1864 führte sie naturwissenschaftliche Studien durch. Nach der Scheidung ging es in ihren Romanen um die Unterdrückung intellektueller Frauen durch verständnislose Männer.

Henry Thomas Buckle, Herbert Spencer und John Stuart Mill beeinflussten

Eliza Orzeszkowas Überzeugung von der „Nützlichkeit“ der Literatur. Diese erläuterte sie 1866 in dem Artikel „Kilka uwag nad Powie´scia“ (Einige Bemerkungen über den Roman) und 1873 in den „Listy o literaturze“ (Briefe über Literatur).

Sie schrieb gegen feudale Anachronismen, die Unfreiheit der Frauen und die Diskriminierung ganzer sozialer Gruppen. Und sie schrieb den ersten Frauenroman der polnischen Literatur: „Marta“ (1873).

Allgemeine Anerkennung bekam sie dann aber erst 1874 mit „Eli Makower“, einer Erzählung, die in die Tiefen der polnisch-jüdischen Beziehungen dringt und auch künstlerisch gelungen ist.

Bisher prägten ihre Bücher die Hoffnung auf Erneuerung durch die bürgerliche Intelligenz. Später änderte sich das in Skepsis gegenüber der industriellen Entwicklung bis zur Hinwendung zu national-geschichtlichen Themen.

Ihr „Brief an die deutschen Frauen“ von 1900 gilt als Meilenstein der polnischen Frauengeschichte.

Ihr Werk ist vom Gedanken tiefster Humanität durchdrungen.


Werke

Marta


Eliza Orzeszkowa: Marta

Klappentext
Mit dem kleinen Roman „Marta“ gelang der polnischen Schriftstellerin Eliza Orzeszkowa (1841–1910) vor über hundert Jahren der Durchbruch zu weltweiter literarischer Anerkennung. Die Geschichte der Marta Swicka, die, aus „gutem Hause“ stammend, in der Wärme wohlbehüteter Verhältnisse aufgewachsen, sich plötzlich gezwungen sieht, für sich und ihr Kind einen ermüdenden Kampf um die nackte Existenz zu führen, nahm die Autorin zum Anlass, den Finger auf die unhaltbare Rechtlosigkeit der Frau in der bürgerlichen Gesellschaft zu legen. Mit dem unbestechlichen Blick des Realisten, mit dem sie sich in ihren späteren Werken, wie der „Hexe“ (1885) oder dem „Njemenfischer“ (1888), liebevoll auch der Gestalten des einfachen Volkes annimmt, unterzieht sie die vom Mann bestimmten Konventionen, Klischees und Denkgewohnheiten einer spöttischen Kritik und mißt diese an den hohen Idealen des bürgerlichen Humanismus. Die damals knapp dreißigjährige Schriftstellerin, die heute neben Boleslaw Prus und Henryk Sienkiewicz zu den Begründern des Realismus in der polnischen Prosa zählt, konnte sich dabei auf eigene bittere Erfahrungen berufen, die sie sammeln musste, ehe sie in ihrer Heimat als bedeutendste Autorin des 19. Jahrhunderts gefeiert wurde.


Buchbeginn
Das Leben der Frau ist eine ewig brennende Liebe - sagen die einen.
Das Leben der Frau ist Hingabe - sagen die anderen.
Das Leben der Frau ist Mutterschaft - rufen die dritten.
Das Leben der Frau ist ein Spiel - scherzen noch andere.
Die Tugend der Frau ist blindes Vertrauen - sagen einmütig im Chor alle zusammen. Die Frauen glauben blind; sie lieben, opfern sich auf, erziehen die Kinder, amüsieren sich... sie erfüllen also alles, was die Welt von ihnen erwartet, und dennoch sieht sie die Welt ein wenig scheel an, von Zeit zu Zeit wendet sie sich an die Frauen in Form eines Vorwurfs und einer Mahnung:
"Schlecht steht es um euch!"

Verlag der Nation 1990

 

Donnerstag, 27. Juni 2024

Füruzan: Logis im Land der Reichen

Wie eine türkische Schriftstellerin das Leben ihrer Landsleute in Deutschland sieht

Klappentext
Seit zwanzig Jahren leben und arbeiten Türken in der Bundesrepublik: Heute sind es eineinhalb Millionen Menschen. Mit vielen Hoffnungen und Erwartungen sind sie in das fremde Land gekommen, doch zahlreiche Probleme sind entstanden, sowohl für das "Gastland" Bundesrepublik als auch für die Türken selbst. Füruzan, eine renommierte Schriftstellerin aus Istanbul, war 1975/76 in der Bundesrepublik, um in Erfahrung zu bringen, wie ihre Landsleute hier wirklich leben: als "Gäste" im Land der Reichen? Ihre Reise begann in Berlin, und der erste Eindruck machte sie betroffen: Die mitunter blinde Verehrung Deutschlands steht in krassem Widerspruch zu den tatsächlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen. In vielen Gesprächen begegneten ihr Unvereinbarkeiten, die nicht zuletzt durch die Mentalitätsunterschiede begründet sind. Den aggressiven Vorurteilen der Deutschen stehen die kulturellen Verwurzelungen der Türken gegenüber, so daß etwa die Forderung nach Anpassung und Integration zur Forderung nach Selbstverleugnung wird.
Neben Berlin, wo Füruzan vor allem mit Kindern und Lehrern zusammentraf, machte sie Station im Ruhrgebiet, um mit türkischen Bergarbeitern zu sprechen und ihre Wohnheime zu besuchen. Auch hier bot sich ein wenig optimistisches Bild. Füruzans kritische Wachsamkeit und vor allem ihre sensible Beobachtungsgabe machen diese Reportagen zu einem wichtigen Beitrag in der gegenwärtigen Diskussion. Sie helfen, vorschnelle Urteile und Meinungen zu entlarven und tragen zur Verständigung bei.

Buchbeginn
Die Maschine setzt zur Landung in Berlin an, eine Panam, nach Zwischenlandung in München. Wo ist die Trennungslinie zwischen Vorurteil und reiner Beobachtung? Die berühmte deutsche Sauberkeit, hatte die nicht schon vor dem Lufthansa-Schalter in Yesilköy begonnen? Und nun, ab München, diese sauberen Deutschen, hauptsächlich Geschäftsleute, die gleich nach dem Getränkeservice ihre Akten aus dem Koffer nehmen und darin arbeiten, und ältere, aber rüstige deutsche Damen. Und dieses korrekte "Bitte", "Danke", die einzigen Wörter, die ich in dem um mich herum gesprochenen Deutsch unterscheiden kann und die ich, ziemlich oft und gedankenlos angebracht, immer wieder hören werde.

dtv Sachbuch
Deutsche Erstausgabe September 1985